Stimmenanalyse bzw. Stimmenvergleich


Stimmenanalyse (stimmenvergleichendes Gutachten)

Menschliche Sprache besteht aus Dichtewellen bzw. Schallwellen, die sich in einem Medium (Luft) ausbreiten. Solche Schallwellen haben variable Amplituden und Frequenzen, die Amplituden bestimmen die Lautstärke und die Frequenzen die “Stimmlage“. Diese Größen und deren zeitliche Veränderungen beinhalten Kombinationen von Parametern, die für jede einzelne Person spezifisch sind. Sie geben Aufschluss unter anderem über Merkmale der Stimmbänder und des Vokaltraktes, die charakteristisch sind für jede Stimme. Mathematisch gesehen entsteht die Sprache durch Faltung zweier Signale, die aus den Stimmbändern und dem Vokaltrakt stammen. Die psychoakustische Theorie befasst sich mit der Entstehung von Sprache sowie der Funktionstheorie des menschlichen Gehörs. Die Erkenntnisse aus der psychoakustischen Theorie und der Realstrukturforschung werden bei der Berechnung der Stimmmerkmale berücksichtigt. Das hat den Vorteil, dass solche Berechnungen sehr nah am Funktionsschema des menschlichen Gehörs durchgeführt werden und bei der Differenzierung von Stimmen die Genauigkeit des menschlichen ungestörten Gehörs weitaus übertreffen. Im Gegensatz zur phonetischen Methode unterliegen solche Berechnungen keinem subjektiven Eindruck bzw. keinen menschlichen Irrtümern (siehe Demo-Beispiele). Für die Auswertung der Stimmen wird folgendermaßen vorgegangen:
Schallwellen (Sprachsignale) werden digitalisiert und als Computergraphik oder Struktur dargestellt. Eine solche Darstellung erfolgt in der Zeitskala, dabei kann man die Form der Wellenzüge (Klanghöhe und -dauer) erkennen. Eine Aussage über die Frequenzlage oder die Häufigkeit bestimmter Frequenzen kann erst durch eine Transformation der Zeitskala in die Frequenzskala gemacht werden. Mathematisch wird das durch die sogenannte diskrete Fouriertransformation der Sprachdatei im Rechner durchgeführt. Aus dem Frequenzspektrum werden mehrere Merkmale der Sprachsignale durch Rechenoperationen extrahiert, zum Beispiel die Korrelationsvektoren und die Zerlegung in die kritischen Frequenzbänder. Anschließend wird aus den gewonnenen Merkmalen ein Stimmprofil erstellt, das charakteristisch ist für die Stimme eines Sprechers.



Für ein stimmenvergleichendes Gutachten hat man im allgemeinen zwei Stimmproben, Stimme 1 und Stimme 2. Stimme 1 ist die Blindprobe, Stimme 2 ist die Sollprobe. Beide Stimmensignale werden wie oben beschrieben analysiert und die Stimmprofile werden erstellt. Zur graphischen Darstellung der Ergebnisse können außer den Stimmprofilen auch Zeit-, Frequenz- und Amplituden-Diagramme erstellt werden. Aus dem Kurvenverlauf der Stimmprofile von Stimme 1 und Stimme 2 wird die prozentuale Übereinstimmung (Übereinstimmungsfaktor) beider Stimmen berechnet (Die Übereinstimmungs-Skala geht theoretisch von 0% bis 100%). In dieser Berechnung wird auch die Übertragungsqualität der Sprachsignale (Übertragungs- bzw. Transferfunktion) berücksichtigt. Bei der atomaren Strukturbestimmung (Röntgenfeinstruktur-Analyse) einer DNA beispielsweise, die eine Helix-Struktur besitzt, wird ebenfalls das Prinzip der Übereinstimmungsfaktoren angewandt, um die Genauigkeit der Strukturdaten, im Vergleich zum theoretischen Modell, in Prozent auszudrücken.
In Fällen, wo Wiederholungen von Sätzen oder Wörtern in beiden Stimmproben vorkommen, können zwei weitere Parameter, nämlich die Lautheit und die Rauigkeit der Stimme, berechnet und in die Analyse miteinbezogen werden.
In manchen Fällen liegen mehrere Sprachaufzeichnungen von vermutlich gleichen Personen vor, die eine gewisse Mindestdauer haben. Dann können diese Sprachaufzeichnungen wie oben beschrieben analysiert und verglichen werden.
Ganz allgemein spielt es bei diesem Verfahren keine Rolle, um welche Sprache es sich handelt und es ist nicht erforderlich, daß es sich um denselben gesprochenen Text handelt, denn die Sprachsignale werden rein mathematisch als Struktur betrachtet, wodurch die etablierten Methoden der Realstrukturbestimmung, Spektralanalyse und Psychoakustik eingesetzt werden können.